Nr. 2 im Sommersemester 2001


Erfahrungsbericht CSIDC

Ivan Ivanov

Die CSIDC 2001 an der Uni Karlsruhe

Die CSIDC (Computer Society International Design Competition) ist ein jährlicher weltweiter Wettbewerb für Informatikstudenten mit dem Ziel, zu irgendeinem Thema irgendwas Cooles zu entwickeln. Das Thema dieses Jahr war die Bluetooth Wireless Technology. Eine Nahbereichsfunktechnik zur Daten- und Sprachübertragung, die in Zukunft alle Kabel, über die man bis jetzt noch stolpern kann, ersetzen wird. Hier wollen wir euch einen kurzen Bericht geben über unsere Teilnahme an der CSIDC. Für alle, die noch mehr darüber wissen oder vielleicht selber mal daran teilnehmen möchten, gibt es auf http://computer.org/csidc noch mehr Informationen.
Hier nun unser Bericht:
6. Dezember 2000, Washington DC, Vereinigte Staaten von Amerika
Die Uni Karlsruhe wird als eine von weltweit 75 Unis von allen fünf Kontinenten zur Teilnahme an der CSIDC 2001 zugelassen.
10 Minuten später, Institut für Rechnerentwurf und Fehlertoleranz, Karlsruhe
Zu der überschwenglichen Freude mischt sich das Gefühl: "Das sieht jetzt echt nach Arbeit aus."
2. Januar 2001
Das Project Kit, bestehend aus 2 Bluetooth Transceivern und einem Toshiba Laptop kommt in Karlsruhe an. In Empfang genommen wird es von Dr. Fridtjof "Friddi" Feldbusch, der extra deswegen seinen Urlaub unterbrochen hat.
Februar
Nachdem seit Dezember schon acht Wochen effizient mit der Suche nach einer guten Idee verschwendet worden sind, entscheiden wir uns für eine universelle Fernbedienung.
März
Die Stimmung liegt am Boden. Es muß jetzt echt was passieren. Ich bringe zu einem unserer Treffen eine Schaltung mit, die Sprache in Infrarotsignale zur Steuerung von zum Beispiel einem CD Player umwandelt. Manuel präsentiert einen Entwurf für unser BTRC Protokol (Bluetooth Remote Control Protocol). Die Stimmung schlägt komplett um: "Das wird ein Knaller!". Auf der CeBIT testen Manuel und ich unsere Software. Jedenfalls so gut es geht. Alle fünf Minuten kommen andere Messebesucher auf uns zu und wollen wissen, woher wir das Bluetooth Equipment haben. Am nächsten Tag steht im Heise Newsticker die Meldung: "Bluetooth auf der CeBIT gefloppt. Auch Besucher die ihre eigenen Laptops mitgebracht haben, waren nicht in der Lage, mit dem Messe-Netz zu arbeiten." Wen die da wohl gemeint haben... [Gruppenbild]
April
Die Implementierung erweist sich weiterhin als ziemlich kompliziert. Die Bluetooth Module sind nicht besonders kooperativ. Zwei Wochen vor der Abgabe von unserem Paper, das darüber entscheiden wird, ob wir das Finale der besten Zehn erreichen, ist das entwickelte System noch mehr als unvollständig.
4. Mai 18.58 Uhr
Gebannt schaut das ganze Team zu, wie unser FTP-Client das Paper hochlädt. Dank der Zeitverschiebung zu Washington haben wir noch genug Zeit. Unsere Erwartung hält sich jedoch in Grenzen. Wir schätzen Asien und Osteuropa als zu stark ein.
28. Mai
Die zehn Finalteilnehmer werden genannt. Mit dabei: die Uni Karlsruhe.
29. Mai
Die Freude über unsere Finalteilnahme wird überschattet von der Einsicht, daß unser Paper eher eine TODO-Liste als eine Beschreibung des bisher Erreichten ist.
Mitte Juni
Die durchprogrammierten Nächte bei einigen Team-Mitgliedern werden immer länger. Bei einigen anderen herrscht die Meinung vor, daß es ausreicht, bei den wöchentlichen Treffen eine Erklärung dafür zu haben, warum man nichts gemacht hat und stattdessen was von Business Angels und der eigenen GmbH zu schwallen. [Roboter aus Taiwan]
die Woche vor dem 21. Juni
Ab jetzt wird nur noch gearbeitet. Der T-Bereich vom Institut, allen voran Hannes "ich habe alle Elektor Ausgaben seit 1972" Merkle hilft uns wo es nur geht. So z.B. bei dem Digitalisieren von unserem Präsentationsfilm und dem Debuggen der Platinen.
20. Juni
Ivan und ich sind bis Mitternacht im Mc Donald's im Bahnhof. Wir haben unsere Koffer mit der wertvollen Hardware in einem Schließfach deponiert. Schon jetzt herrscht eine Stimmung, als würde die Reise gleich beginnen.
21. Juni 4.45 Uhr
Der Radiowecker läuft auf voller Lautstärke mit Big FM. Um 5.15 beginnt unsere Telefonkette. Bei Ivan klingelt das Telefon schon vor dem Wecker.
21. Juni 6.59 Uhr
Wir sitzen im IC 504 Richtung Frankfurt. Unsere Reise beginnt.
21. Juni, Frankfurt
Friddi fragt sich, während über seinem Sitz die Leselampe hektisch flackert, warum von unserem Air France Flieger der Lack abblättert. Alles wird gut...
21. Juni, Paris
Bei unserem Zwischenstop in Paris sehen wir unsere Koffer auf dem Rollfeld liegen. Hoffentlich überlebt das die Hardware. [Alex und Ivan]
21. Juni, Washington, Dulles International Airport
Zwei schwarze Lincoln Towncar Limousinen warten auf uns. Mit 70 Meilen pro Stunde und Eastcoast Rap cruisen wir auf der Route 66 Richtung Hilton. Amerika ist voll cool!
21. Juni, Washington, 8. Stock Hilton Chrystal City
Die Kingsize Betten sind echt riesig und verfügen über eine enorme Sprungkraft.
22. Juni
Wir bauen unser System im Hotelzimmer auf. Unser Bluetooth Client entdeckt die Transceiver der anderen Teams. Die sind wohl auch noch am arbeiten. Georg wundert sich, warum Friddis Laptop nicht mehr arbeitet, obwohl es auf dem Kopfkissen nur 70°C warm geworden ist. Wiederbelebungsversuche auf der Klimaanlage bleiben erfolglos. Friddi und ich bereiten ohne Hektik den Vortrag vor. Es ist ja schließlich noch ein gaaanzer Tag Zeit.
23. Juni, 15.00 Uhr, Potomac Konferenzsaal
Wir präsentieren ein System, was so noch nie zusammengearbeitet hat. Nicht nur die Judges (die zehn Wertungsrichter) wundern sich, wie perfekt unser System funktioniert. Wir denken auch: "Hey, das klappt ja wirklich!"
24. Juni, 7.20 - 10.45 Uhr
Wir programmieren an unserem System rum, um alles für die Abschlußpräsentation vorzubereiten. Langsam macht sich Panik breit.
24. Juni, 10.50 Uhr
Ich beginne meinen Vortrag mit: "Good morning Ladies and Gentleman. It's a great honour and privilege for me to present you the CSIDC 2001 contribution of the University of Karlsruhe." Nach einem halben Jahr Arbeit an dem Projekt war das wirklich ein großer Moment.
24.Juni, 11.05 Uhr
Der erste Judge ist eingeschlafen. Vielleicht sollte ich ein paar Witze bringen.
24. Juni, 11.10 Uhr
Die Judges merken, daß wir Power Point mit unserem Bluetooth System fernsteuern. Das haut rein.
24. Juni, 11.20 Uhr
Nach dem Vortrag beginnt die praktische Präsentation mit einem Bluescreen of Death. Außerdem merken wir, daß die eingelegte Audio CD einen Sprung hat. Ich gebe mir Mühe, die Situation mit Hinweisen auf die coolen Features von unserem System zu retten. Alles in allem zeigt es eine super Stabilität. Wie selbstverständlich führt Manuel die verschiedenen Anwendungsfälle vor.
24. Juni, 16.00 Uhr
Wir sind sicher, daß wir nach den ersten beiden Tagen vorne mit dabei sind.
24. Juni, 22.00 Uhr
Ivan macht am Abend im Pool eine Party mit dem Virginia Team aus.
24. Juni, 23.00 Uhr
Die Virginia Leute sind zum Glück mit dem Auto da. Wir fahren in die City. Ein Virginia Teilnehmer ist total happy: Er hat gerade das erste Mal in seinem Leben Alkohol gekauft.
24. Juni, 24.00 Uhr
Im Zimmer 434 startet die Party mit chinesischem TsingTao Bier...
25. Juni, 7.00 Uhr
Beim Frühstück kommt der Virginia Supervisor entsetzt auf uns zu: "Hey Guys, what have you done with my team!?"
25. Juni, 10.00 Uhr
NBC ist da. Ich versuche, dem Reporter unser Produkt zu verkaufen. Gerd drückt ihm einen Flyer in die Hand. [Gruppenbild vor dem Weissen Haus]
25. Juni, 16.00 Uhr
Siegerehrung: Der IEEE Präsident nennt die Teams in aufsteigender Reihenfolge. Die Spannung steigt immer mehr.
25. Juni, 16.33 Uhr
Unglaublich! Wir sind Vize-Weltmeister! Ivan sagt zu mir: Die Polen haben zwar gewonnen, haben aber bestimmt nicht halb so viel Spaß gehabt wie wir ;-)
25. Juni, 17.30 Uhr
In der Lobby haben sich alle versammelt, um den Bericht auf NBC zu sehen. Plötzlich sehe ich unseren Stand im Bild. Eine Sekunde später sehe ich mich im Uni Karlsruhe T-Shirt in die Kamera sprechen. Die Stimmung ist fantastisch.
25. Juni, abends
Wir besuchen mit unseren Spezies aus Polen und Kanada die Washington Mall und das Hardrock Cafe. 26. Juni Friddi hat uns für die Fahrt zum Flughafen eine gestretchte 10 Meter lange Limousine bestellt. Wahnsinn! Was für ein unglaubliches Finale! Für Euch erinnert von Alex und "Special Agent" Ivan

P.S.: Nächstes Jahr hat die Uni Karlsruhe ihren Startplatz bei der CSIDC 2002 bereits sicher. Der Lohn für ein halbes Jahr Arbeit und ein gekicktes Sommersemester kann ein fantastisches Wochenende in Washington und 10 Sekunden auf NBC sein...

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