Eulenspiegel Nr.3 im Sommersemester 96
Das neue Ladenschlußgesetz
Revisionsdatum: Juni 1996
Nun hat der Bundestag also die Revision des Ladenschlußgesetzes beschlossen, die, auch wenn die Zustimmung des Bundesrates noch aussteht, den Kundinnen und Kunden ab 1. November folgende Vorteile bringt:
- Geschäfte können an Werktagen von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnet werden. (bisher 7:00 Uhr bis 18:30 Uhr) Der "lange Donnerstag entfällt.
- Geschäfte können an Samstagen von 6:00 Uhr bis 16:00 Uhr geöffnet werden; dafür entfällt der "lange Samstag".
- Bäckereien dürfen ab 5:30 Uhr aufmachen und Sonn- und feiertags für 3 Stunden geöffnet sein.
Was bedeutet das denn nun aber wirklich für uns ?
Die großen Kaufhäuser werden sicher bald zu diesen Zeiten geöffnet sein; die meisten Filialbetriebe wohl auch, aber wie sieht es mit den mittelständischen Betrieben aus ?
Daß die Läden länger geöffnen sind, heißt aber noch lange nicht, daß auch die Umsätze in die Höhe gehen. Ich denke, daß es am Anfang einen Anstieg gibt, weil die Leute die ungewohnten Zeiten mal "ausprobieren" wollen. Aber nach einer Weile, wenn sich die Lage wieder beruhigt hat, wird abends um 20:00 Uhr genausoviel in der Kasse sein, wie vorher um 18:30 Uhr.
Wenn nun aber die Umsätze nicht steigen, werden die meisten Groß- und Filialbetriebe keine neuen Verkäuferinnen oder Verkäufer einstellen, sondern einfach die vorhandenen auf die verlängerten Öffnungszeiten verteilen. Was das bedeutet, kann man schon heute an jedem Donnerstagvormittag erleben: Man steht dann mutterseelenallein im Verkaufsraum und wartet entweder bis jemand vom Verkaufspersonal auftaucht - ob diese Person dann auch in die entsprechende Abteilung gehört, ist eine ganz andere Frage - oder bis die Kunden, die vor einem gekommen sind, endlich alle bedient sind.Wenn man nur eben Milch und Butter kaufen will, wäre das nicht weiter störend, wenn, ja wenn nicht leider auch nur eine Kasse besetzt wäre.
Im mittelständischen Bereich und in Geschäften, in denen Beratung unabdingbar ist, läßt sich so meist nicht verfahren. Andererseits können es sich diese Betriebe noch weniger leisten, zusätzliches Personal einzustellen; wobei die Frage, woher dieses zusätzliche, qualifizierte! Personal kommen soll, auch nicht geklärt ist.
Alternativ wäre es auch möglich das die Geschäfte überhaupt erst ab 11:00 Uhr öffnen oder der Montagmorgen ( oder der Mittwochnachmittag ?) ganz geschlossen bleibt. In kleineren Läden ist auch die Einführung einer Mittagspause denkbar. In diesem Fall wäre aus der Verlängerung der Öffnungszeiten nur eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten geworden.
Ebenso muß der öffentliche Personennahverkehr am Abend ausgeweitet werden, damit die Kunden und die Mitarbeiter auch wieder nach Hause kommen. Hier in Karlsruhe ist das sicher zu begrüßen, zumal mit Einführung des Studitickets ja sowieso mit einem kräftigen Ansteigen des Fahrgastaufkommens nach 19:00 Uhr gerechnet wird.
Die Gewinner der Neuregelung werden wohl hauptsächlich die Einkaufszentren "auf der grünen Wiese" á la Wertkauf etc. sein, da sie mit minimalen Mehrkosten den größten Zusatzgewinn abgreifen können.
Der große Verlierer wird wohl die Gastronomie sein:
Einer CBL-Studie zufolge kauft nach 18:00 Uhr jeder Vierte für sein oder ihr Abendessen ein.