Eulenspiegel Nr.1 im Wintersemester 95/96
Dieser Artikel ist der Fachschaft zugegangen und gibt nicht unbedingt die Fachschaftsmeinung wieder.Frisch gewagt ist halb gewonnen...
Erst - Semester - Tips von einem Elft - Semester
Andreas Andrick
Revisionsdatum: Oktober 1995
Der Beginn Deines Studiums ist ein entscheidendes Datum in Deiner persönlichen Entwicklung. Deshalb bemühe Dich, dem gebührend zu begegnen. Lasse Dich dabei nicht von der Masse leiten. Nichts gegen das Z10, die Burschenschaften und den AKK, im Gegenteil, sie machen eine wunderbare Arbeit, nur bevor Du Dich in den Festivitäten verlierst, schaffe Dir erst mal einen Grund zu feiern. Denn spätestens nach der Mexikanischen Woche fängt der Ernst des Lebens an...Mit meinen Zeilen möchte ich Dir den Einstieg etwas erleichtern, da ich mir damals in der gleichen Situation gerne ein paar richtungsweisende Worte und Beistand gewünscht hätte.
Als allerwichtigsten Ratschlag, ich kann es nicht oft genug wiederholen: Mach Deine Übungsblätter selbst, so gut es eben geht. Zunächst kommt es nicht auf die schnellen sichtbaren Ergebnisse darauf an, sondern daß Du Dich lange mit den Konzepten der Vorlesung auseinandergesetzt hast, die Begriffe (Definitionen !) und Aussagen (Sätze) kennst.
Erfahrungsgemäß tritt spätestens nach 4 Wochen eine Hürde auf, daß Dir der Stoff zu viel wird und Du evtl. keine Lust mehr zum Arbeiten verspürst, da Du evtl. nicht alles auf Anhieb kapierst. Dann setz Dich einfach hin, nimm Bleistift und Papier und beginne zu probieren, oftmals eröffnet sich die Sachlage wie von Zauberhand dadurch, daß man sich mit ihr beschäftigt.
Zudem: Fragen kostet nichts, bis auf ein bißchen Mut. Im Zweifelsfall plagt Deinen Sitznachbar genau das gleiche Problem, nur er fürchtet sein Gesicht zu verlieren. Das kann eigentlich nur passieren, wenn man wirklich nicht aufgepaßt hat, ansonsten gibt es keine "dummen Fragen".
Auch wenn mir der eine oder andere aufs Dach steigt, weil sie genug zu tun haben: Halte Dich an Deinen Tutor. Er freut sich, wenn er ein Feedback erhält. Meine Erfahrung ist, daß die Tutoren ihren Job zu einem Großteil aus idealistischem Engagement heraus begreifen und gerade den Kontakt zu den (meist jüngeren) KommilitonInnen suchen. Dadurch sind sicherlich einige schöne Freundschaften entstanden. Du kannst ebenso die Übungsleiter in die Pflicht nehmen. Geh in die Sprechstunde, wenn Unklarheiten bestehen. Nur keine Hemmungen!
"Aller Anfang ist schwer." Noch so ein abgedroschener Satz, aber er stimmt genau. Denn natürlich erscheinen Dir anfangs die Klippen unüberwindbar, über die Du nachher müde lächelst, wenn Du etwas mathematisches Gespür und Erfahrung gewonnen hast. Nur: wenn Du die "Bergbesteigung" nicht beherzt in Angriff nimmst sondern immer verschiebst, dann gewinnst Du eben keine Sicherheit und quälst Dich unnötig durch Dein ganzes Studium. Also lieber in der Anfangszeit ein bißchen mehr arbeiten bis Du Dir ein gutes Fundament geschaffen hast, statt die Sachen schleifen zu lassen und nachher Arbeit ohne Ende zu haben! Bis Sylvester dürftest Du das Gröbste überstanden haben!
Spaß am Knobeln ist Voraussetzung für das Mathematik-Studium. Selbst-Tätigkeit heißt allerdings nicht zwingend alleine und selbständig, denn ein weiterer Tip: Team-Arbeit ist sehr fruchtbar, aber in dem Bewußtsein, daß Abschreiben Deinem Erkenntnisstand (fast) nichts bringt. Du kommst "in Teufels Küche", wenn Du zunächst den einfacheren Weg gehst, die Formalia zu erfüllen, indem Du ein ausgefülltes Blatt an Deinen Tutoren abgibst, der nachher drunterschreiben wird "Korrektur siehe Kommilitone xy". Letzlich bescheinigt er damit nur, daß Du des Schreibens mächtig bist, das war¹s dann schon. Ist aber wohl eher nicht befriedigend, oder?
Wer das Prinzip der intellektuellen Eigenständigkeit nicht kapiert, hat auf der Uni nichts verloren (wissenschaftliche Redlichkeit ?!!), wird auch im späteren Leben Probleme haben, da man sich nicht beliebig durchschlängeln kann. Irgendwann kommt der Punkt, wo Leistung erbracht werden muß, im Studium eben in der Prüfung, beim Vordiplom. Spätestens beim mündlichen Abfragen, wo auch ein sog. Spickzettel nichts mehr nützt, kommt heraus, wie sehr man sich mit der Materie auseinandergesetzt hat. Dann wird einem die Rechnung präsentiert für das Verhalten über die gesamte Lernzeit. Ich möchte Dir keine Angst machen, sondern lediglich ermuntern, sei so klug, es von Anfang an richtig zu machen, dann packtst Du es, und der Spaß stellt sich nach und nach von selber ein.
Es gehört mit zu den schönsten Erfahrungen des menschlichen Geistes, etwas wirklich verstanden zu haben. "Dann hat man was eigenes". Du solltest Dich nicht dieses Gefühles berauben, selbständig auf den Trichter gekommen zu sein. Dadurch erhältst Du langsam aber sicher eine Souveränität (allgemein), so daß Dir niemand so leicht ein PHI für ein PSI vormacht.
Buchempfehlungen:
- - "Analogie und Induktion" und "Schule des Denkens". Beide von George Polya. Wärmstens zu empfehlen!!!!!
- - "Das ist O.b.d.A. trivial." von Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher, Gießen.
- - "Der das Unendliche kannte." Ins Deutsche übersetzt von Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher.